Schatten ueber Somerton Court by Leila Rasheed

Schatten ueber Somerton Court by Leila Rasheed

Autor:Leila Rasheed
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783104030586
Herausgeber: S. Fischer Verlag
veröffentlicht: 2014-08-06T22:00:00+00:00


Die Stille weckte sie. Erschrocken schnappte sie nach Luft. »Wo sind wir?«

»Alles ist gut.« Alexanders Stimme beruhigte sie. »Wir sind am Ziel.«

Rose setzte sich schlaftrunken auf. Der Wind hatte ihren Hut halb zerstört, und ihr Haar war durcheinander. »Oje«, murmelte sie und versuchte, ihren Hut zu retten. Dann sah sie, wo sie waren, und jeglicher Gedanke an ihre Erscheinung war vergessen.

Sie befanden sich auf einer felsigen Anhöhe über einer Waldlandschaft, und unterhalb dieser erkannte Rose die schroffen, kantigen Umrisse eines Schlosses. Es kauerte am Felsen wie ein Seeadler. Ein gewundener Weg führte hinunter. Dahinter lag, glitzernd, wogend und unablässig tanzend …

»Ist das das Meer?«, fragte Rose.

Alexander sah sie erstaunt an. »Haben Sie noch nie das Meer gesehen?«

»Nein, natürlich nicht. Somerton liegt nicht gerade in Küstennähe.« Es war riesig, größer, als sie es sich je vorgestellt hatte. Die Bilder, die sie gesehen hatte, wurden ihm nicht gerecht.

»Nein, das stimmt. Und, wie finden Sie es?«

»Ich glaube, es ist das Schönste, was ich je gesehen habe.« Dann fügte sie hinzu. »Und hören Sie – hören Sie doch mal!« Sie lächelte vor Entzücken, als sie erkannte, dass das unablässige Rauschen und Brausen das Geräusch der Wellen war, die an die Küste schlugen. Als hätte dieses Geräusch ihre Ohren für andere Wahrnehmungen geöffnet, hörte sie jetzt auch das Rascheln des Grases, zarten Vogelgesang und das schrille Kreischen der Möwen über ihnen. Und dahinter lag, wie die weiße Leinwand eines Gemäldes, die Stille.

»Wie wunder-, wunderschön es hier ist!«, rief sie aus. »Und, oh – was ist das für ein Schloss?«

»Das ist Mont Pleasance«, erklärte Alexander. »Von hier aus können wir es nur zu Fuß erreichen. Es ist für die Abgeschiedenheit erbaut worden – fernab von der Welt.«

Rose betrachtete es. Genauso wie Somerton war es ein schönes Schloss, und doch grundlegend anders. Es besaß nichts Elegantes, nichts Zahmes. Es hatte die Schönheit eines ungeschliffenen Diamanten.

»Ich vergesse, dass es für Sie noch so viel zu entdecken gibt«, sagte Alexander und sah lächelnd auf sie hinunter. »Es ist mir eine Ehre, dass Sie mit mir gemeinsam zum ersten Mal das Meer gesehen haben.«

»Doch nur, weil Sie es mir ermöglicht haben!«, erwiderte Rose. »Ein wunderschönes Erlebnis. Vielen Dank!« Seine Augen glänzten, als er ihren Blick erwiderte. »Sie können sich glücklich schätzen, dies hier Ihr Zuhause nennen zu können.«

Ein Schatten schien über sein Gesicht zu huschen. »Gehen wir«, sagte er, stieg aus und kam auf ihre Seite, um ihr aus dem Automobil herauszuhelfen.

Rose warf ihm einen Seitenblick zu, als sie den gewundenen Weg zum Schloss hinunterstiegen. Es hatte nicht den Eindruck erweckt, als ob er stolz auf sein Zuhause wäre, und er schien sich keineswegs zu freuen, hier zu sein. Sie traten unter einem steinernen Torbogen hindurch in den schützenden Innenhof.

Aus der Nähe erkannte Rose, dass die zahlreichen, verfallenen Türmchen des Schlosses mit Efeu überwuchert waren. Sie hörte das Donnern der Wellen. Spalierobst, das einst die sonnenbeschienenen Mauern gesäumt hatte, war verwildert, und es duftete nach Äpfeln, die ins Gras gefallen und dort verfault waren.

»Ist denn niemand hier? Keine Dienstboten?« Das Schloss schien so weit weg von der Außenwelt zu sein.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.